„Die Weichen für eine nachhaltige Logistik sind gestellt” (2024)

„Die Weichen für eine nachhaltige Logistik sind gestellt” (1)

Andre Kranke ist seit 2019 Department Head Trends and Technology Research, Corporate Research & Development bei DACHSER und leitet das Innovationsprojekt “Climate Protection“. Im Interview erläutert er, warum kein Weg an null Emissionen für Lkw-Verkehre vorbeiführt.

Herr Kranke, derzeit wird die Transport-Logistik noch von fossilen Brennstoffen dominiert. Der Wandel zur emissionsfreien Logistik ist aber schon längst eingeleitet?

Der Weg hin zur Klimaneutralität erfordert weltweit drastische Veränderungen in allen Wirtschaftssektoren und im privaten Umfeld. Und ja, die Weichen für eine nachhaltige Logistik sind auch schon gestellt. Die grundlegenden technologischen Entscheidungen stehen fest, hier gibt es nur noch Detailfragen zu klären. Auch der Zeitplan ist definiert.

Das zeigt sich konkret in vielen Gesetzen und Verordnungen in Europa, die schon gelten oder derzeit in Planung sind ...

... als Logistiker müssen wir neben vielen anderen Gesetzen drei zentrale gesetzliche Rahmenbedingungen fest im Blick haben. Dazu gehört die aktualisierte EU-Richtlinie 2018/2001 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen, die auch als RED 2 bezeichnet wird. Hier finden sich Zielvorgaben für jedes EU-Mitglied über die Höhe der zu erreichenden Anteile von erneuerbaren Energien wie Windkraft, Photovoltaik oder Biomasse.

Wie wirkt sich das auf den Transportsektor aus?

Fossile Energieträger werden teurer. Das erleben wir schon heute beim Tanken. Das in Deutschland seit 1. Januar 2021 geltende Brennstoffemissionshandelsgesetz hat zum Beispiel den Preis pro Liter Diesel um brutto rund 8 Cent verteuert. Und das ist nur der Anfang. Dieser nationale Emissionshandel, der die emittierte Tonne CO2e mit 25 Euro bepreist, ist bis 2026 gesetzlich weiter fortgeschrieben. Von Jahr zu Jahr steigen die Kosten auf mindestens 55 Euro pro Tonne CO2e, dies bedeutet noch mal mehr als 8 Cent pro Liter Diesel an Mehrkosten. Betroffen davon sind übrigens auch andere fossile Kraft- und Brennstoffe wie Heizöl, Erdgas oder LNG und CNG.

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Interview with: Andre Kranke

Andre Kranke ist Department Head Trends and Technology Research, Corporate Research & Development bei DACHSER.

Diese Regelungen gelten erst einmal nur für Deutschland. Ist ein ähnliches Konzept auch für Europa geplant?

Die Europäische Union plant, im Rahmen des Green Deals, den CO2-Emissionshandel auf den Sektor Verkehr auszuweiten. Als Blaupause dient momentan das deutsche Brennstoffemissionshandelsgesetz. Die genaue Ausgestaltung steht noch nicht fest, aber ich persönlich rechne hier durchaus mit Kosten von 70 bis 100 Euro pro Tonne CO2e, die ab 2025 auf den Transportsektor zukommen könnten; aber wie gesagt, dies ist nur eine persönliche Einschätzung von mir.

Womit müssen die Logistiker noch rechnen?

Eine wichtige europäische Verordnung ist schon seit 2019 in Kraft. Diese gibt den Nutzfahrzeugherstellern ganz klare Flottenziele vor. Bereits bis 2025 und vor allem aber ab 2030 müssen deutliche CO2-Reduzierungen bei den Neuzulassungen von Fahrzeugen erreicht werden. Die festgelegte CO2-Reduzierung um 30% im Vergleich zu einem (2019) modernen Euro 6-Lkw ist durch Optimierungen der Dieseltechnologie nicht zu schaffen. Deshalb setzen die Nutzfahrzeughersteller auf Null-Emissions-Fahrzeuge, die in der EU-Verordnung klar definiert sind. ‚Null Emissionen‘ bedeutet hier: keine Emissionen von CO2 und Luftschadstoffen am Auspuff der Fahrzeuge.

Ein spannendes Thema. Sie sprachen eingangs von drei für die Logistik zentralen gesetzlichen Regelungen, welche ist die dritte relevante Rechtsverordnung?

Vor Kurzem haben sich das EU-Parlament, der Ministerrat und die EU-Kommission über die zukünftige Vorgehensweise bezüglich der Euro-Vignetten-Richtlinie geeinigt, die für die Logistikbranche aus Kostensicht von besonders großer Relevanz ist. Hier wird letztendlich der Rahmen für alle Lkw-Mautsysteme in der EU gesetzt und wie und in welcher Höhe eine Lkw-Maut erhoben werden darf. Diese wird in Deutschland voraussichtlich ab 2023 zur Anwendung kommen, mit einer neuen Lkw-Maut mit wahrscheinlich fünf neuen CO2-Klassen, zusätzlich zu den bisher angewandten Schadstoffklassen Euro 0 bis Euro 6. Die neuen CO2-Klassen spielen künftig eine entscheidende Rolle. Der Unterschied bei den Mautgebühren zwischen einem Euro 6-Lkw und einem vergleichbaren Null-Emissions-Lkw wird – so meine Einschätzung - zum Beispiel bei einem 40-Tonner zwischen 8 bis 15 Cent pro Kilometer liegen. Hinzu kommen die normalen Maut-Wegekosten. Die Folge: Der steigende Kostenvorteil für Null-Emissions-Fahrzeuge wird der Entwicklung und dem Absatz dieser Fahrzeuge spätestens ab Mitte dieses Jahrzehnts einen weiteren Schub geben.

Herzlichen Dank für das interessante Gespräch.

Über die Erfahrungen, die DACHSER mit neuen Antriebstechnologien bereits in der Praxis macht, spricht Andre Kranke in einem weiteren Teil des Interviews ausführlicher. Lesen Sie hiermehr dazu.

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Kontakt Christian Weber Corporate Public Relations

+49 831 5916-1425 christian.weber@dachser.com

„Die Weichen für eine nachhaltige Logistik sind gestellt” (2024)

FAQs

Was ist nachhaltige Logistik? ›

Nachhaltige Logistik (auch Green Logistics oder grüne Logistik genannt) zielt darauf ab, ökologische und ökonomische Ziele zu vereinbaren. Es geht also darum, die Umwelt bestmöglich zu schützen, während das Unternehmen weiterhin rentabel arbeitet und konkurrenzfähig bleibt.

Welches Ziel verfolgt die Logistik? ›

Hauptziel ist die möglichst schnelle Auftragsabwicklung. Die Distributionslogistik umfasst als Bindeglied zwischen Unternehmensproduktion und -absatz die Lager-, Umschlag- und Transportvorgänge der Waren von der Herstellung bis zum Käufer.

Was versteht man unter green Logistik? ›

Green Logistics, auf Deutsch auch grüne Logistik, beschreibt im Grunde nachhaltige Logistik. Sie umfasst ganzheitliche Optimierungen von logistischen Strategien, Systemen, Strukturen und Prozessen zur Schaffung einer umweltfreundlicheren Warenwirtschaft und umweltgerechter und ressourceneffizienter Logistikprozesse.

Was ist eine nachhaltige Lieferkette? ›

Unter einer nachhaltigen Lieferkette versteht man ein Konzept, welches sich auf die Schaffung einer umweltfreundlichen, sozial verantwortlichen und wirtschaftlich rentablen Wertschöpfungskette konzentriert.

Was ist das Wichtigste in der Logistik? ›

Planung, Koordination und Steuerung der Wertschöpfungskette sind die Hauptaufgaben der Logistik und ermöglichen eine effektive Durchführung der notwendigen Prozesse. Diese Definition fasst einen sehr komplexen Prozess zusammen.

Was macht eine gute Logistik aus? ›

Vor allem eine vorausschauende Planung ist hierbei wichtig, da Aufträge durch geringe Liegezeiten schneller abgewickelt werden können. Bei der Distributionslogistik geht es darum, dass Produkte so schnell wie möglich zum Kunden kommen. Die Arbeit spielt sich also zwischen dem eigenen Lager und dem des Kunden ab.

Welche vier Bereiche gibt es in der Logistik? ›

In der Betriebswirtschaftslehre untergliedert man die Logistik in die folgenden vier Teilgebiete:
  • Beschaffungslogistik. ...
  • Produktionslogistik. ...
  • Distributionslogistik. ...
  • Entsorgungslogistik.
Jun 29, 2020

Was versteht man unter nachhaltiger Produktion? ›

Nachhaltige Produktion sichert natürliche Lebensgrundlagen

Ziel einer nachhaltigen Produktion ist es, dass die Herstellung von Gütern ressourcenschonend erfolgt und die Regenerationsfähigkeit der Umwelt erhalten bleibt. Dies sichert die natürlichen Lebensgrundlagen für zukünftige Generationen.

Was versteht man unter dem Begriff Nachhaltigkeit? ›

Nachhaltigkeit oder nachhaltige Entwicklung bedeutet, die Bedürfnisse der Gegenwart so zu befriedigen, dass die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht eingeschränkt werden.

Was versteht man unter nachhaltigen Produkten? ›

Die wichtigsten Aspekte für nachhaltige Produkte beinhalten Mindestanforderungen im Bereich Ökodesign zu Energie- und Ressourceneffizienz, Kreislaufwirtschaft und Reparierbarkeit sowie Verbraucherinformationen, wie das EU-Energielabel.

Was bedeutet umweltfreundliche Lieferung? ›

Der nachhaltige Versand im E-Commerce bezieht sich vor allem auf die Transportmethode, die für den Versand von Bestellungen mit möglichst geringer klimaneutraler Auswirkung verwendet wird. Auch ein umweltfreundliches Verpackungsmaterial wie bspw. recycelte Pappe ist wichtig.

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Author: Van Hayes

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Name: Van Hayes

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Job: National Farming Director

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